Letters
Letter , dated 08.09.1818 to Schober, Spaun, Mayrhofer, Senn, Streinsberg, Wayß, Weidlich
HIN 001348
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Signature: | HIN 001348 |
Date: | 08.09.1818 |
Addressee: | Schober, Spaun, Mayrhofer, Senn, Streinsberg, Wayß, Weidlich |
Content: | Lieber Schobert! Lieber Spaun! Lieber Mayrhofer! Lieber Senn! Lieber Streinsberg! Lieber Wayß! Lieber Weidlich! Wie unendlich mich eure Briefe sammt u. sonders freuten, ist nicht auszusprechen! Ich war eben bey einer Ochsen- u. Kuh-Licitation, als man mir euren wohlbeleibten Brief überreichte. Ich brach ihn, u. ein lautes Freudengeschrey erhob ich, als ich den Nahmen Schobert erblickte. Unter immerwährendem Gelächter u. kindischer Freude las ich sie in einem benachbarten Zimmer. Es war mir, als hielt ich meine theuren Freunde selbst in Händen. Doch ich will euch in aller Ordnung antworten: Lieber Schobert! Ich sehe denn schon, es bleibt bey dieser Nahmens Verwandlung. Also, lieber Schobert Dein Brief war mir von Anfang bis zum Ende sehr lieb u. kostbar, besonders aber das letzte Blatt. Ja ja das letzte Blatt setzte mich in volles Entzücken, du bist ein göttlicher Kerl (versteht sich im schwedischen) u. glaub es mir, Freund, du wirst nicht unterliegen, denn dein Sinn für die Kunst ist der reinste, wahrste, den man sich denken kann. Dß du diese Veränderung eine kleine nanntest, gefiel mir recht wohl, du standst ja schon lange mit einem Fuße in unserer Hölle. - Daß die Operisten in Wien jetzt so dumm sind, u. die schönsten Opern ohne meiner aufführen, versetzt mich in eine kleine Wuth. Denn in Zelez muß ich mir selbst alles sein. Compositeur, Redacteur, Audteur u. was weiß ich noch alles. Für das Wahre der Kunst fühlt hier keine Seele, höchstens dann u. wann (wenn ich nicht irre) die Gräfinn. Ich bin also allein mit meiner Geliebten, u. muß sie in mein Zimmer, in mein Klavier, in meine Brust verbergen. Obwohl mich dieses öfters traurig macht, so hebt es mich auf der andern Seite desto mehr empor. Fürchtet euch also nicht, dß ich länger ausbleiben werde, als es die strengste Nothwendigkeit erfordert. Mehrere Lieder entstanden unter der Zeit, wie ich hoffe,. sehr gelungene. Daß der griechische Vogel in Oberoesterreich flattert, wundert mich nicht, da es sein Vaterland ist, u. er Ferien hat. Ich wollte, ich wäre bey ihm. Dann würde ich gewiß meine Zeit gut zu Faden schlagen. Aber dß du, der du doch von Haus aus ein gescheidter Kerl bist, glaubst, mein Bruder flattere eben dort ohne Wegweiser ohne angenehmer Bekanntschaft herum, wundert mich sehr, 1tens weil ein Künstler am liebsten sich selbst überlassen ist, 2tens weil es in Oberöstreich zu viele schöne Gegenden gibt, als dß er nicht die schönste finden könnte, 3tens weil er an H. Forstmeyer in Linz eine sehr angenehme Bekanntschaft hat. Er ist also ganz gewiß an seinem Platz. Wenn du mir Maxen ohne Hypochondrie grüßen kannst, so wird es mich unendlich freuen. Und da du auch bald deine Mutter u. Schwester sehen wirst, so melde meine Verehrung. Es kann vielleicht seyn, dß dieser Brief dich in Wien nicht mehr antrifft, indem ich ihn erst in den ersten September-Tagen, an denen du reisest, erhielt. Ich werde ihn dir nachschicken lassen. – Unter andern freuts mich recht sehr, daß dir die Milder nicht ersetzt werden kann, mir geht es auch so. Sie singt am schönsten u. trillert am schlechtesten. Nun eine Beschreibung für alle: Unser Schloß ist keins von den größten, aber sehr niedlich gebaut. Es wird von einem sehr schönen Garten umgeben. Ich wohne im Inspectorat. Es ist, ziemlich ruhig, bis auf einige 40 Gänse die manchmahl so zusammenschnattern, dß man sein eigenes Wort nicht hören kann. Die mich umgebenden Menschen sind durchaus gute. Selten wird irgend ein Grafen-Gesinde so gut zuammen gehen, wie dieses. Der H. Inspector, ein Slavonier, ein braver Mann, bildet sich viel auf seine gehabten Musiktalente em. Er bläst jetzt noch auf der Laute zwey ¾ Deutsche mit Virtuosität. Sein Sohn ein studirender Philosoph, kam gerade auf die Ferien, ich wünsche ihn recht lieb zu gewinnen. Seine Frau ist eine Frau wie alle Frauen die gnädig heißen wollen. Der Rentmeister paßt ganz zu seinem Amte, ein Mann mit außerordentlichen Einsichten in seine Taschen u. Säcke. Der Doktor, wirklich geschickt, kränkelt mit 24 Jahren wie eine alte Dame. Sehr viel Unnatürliches. Der Chirurgus, mir der liebste, ein achtbarer Greis von 75 Jahren, stets heiter u. froh. Gott gebe jedem ein so glückliches Alter. Der Hofrichter, ein sehr natürlicher, braver Mann. Ein Gesellschafter des Grafen, ein alter lustiger Geselle, u. braver Musikus, dient mir oft zur Gesellschaft. Der Koch, die Kammerjungfer, das Stubenmädchen, die Kindsfrau, der Beschließer etc. 2 Stallmeister, sind gute Leute. Der Koch ziemlich locker, die Kammerjungfer 30 Jahr alt, das Stubenmädchen sehr hübsch, oft meine Gesellschafterin, die Kindsfrau eine gute Alte, der Beschließer mein Nebenbuhler. Die 2 Stallmeister taugen viel besser zu den Pferden als zu den Menschen. Der Graf, ziemlich roh, die Gräfinn stolz, doch zarter fühlend, die Contessen gute Kinder. Vom Braten bin ich bisher verschont geblieben. Nun weiß ich nichts mehr; dß ich mit meiner natürlichen Aufrichtigkeit recht gut bey allen diesen Leuten durchkomme, brauche ich euch, die ihr mich kennt, kaum zu sagen. Lieber Spaun, ich freute mich wahrlich recht herzlich, dß du einmahl Palläste bauen kannst, worin junge kleine Hofconcipisten herum springen. Du wirst vermuthlich ein Sing-Quartett meinen. Grüße mir H. Gahy. Lieber Mayerhofer, meine Sehnsucht nach dem November wird deiner nicht viel nachgehen. Höre auf zu kränkeln, wenigstens zu mediciniren, so gibt sich das andere von selbst. Der Hans Senn beliebe zu lesen: wie oben. Der Freund Streinsberg möchte schon gestorben seyn; darf also nichts schreiben. Und nun lieben Freunde, lebt alle recht wohl, schreibt mir ja recht bald. Es ist meine theuerste, liebste Unterhaltung eure Briefe zehnmal zu lesen. Grüßt meine lieben Ältern, u. meldet meine Sehnsucht nach einen Brief von Ihnen. Mit ewiger Liebe Euer treuer Freund An H. H. Grafen Oher Raab u. Torok in Zelez. |
Collection: |
Wienbibliothek im Rathaus
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