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D 211 Adelwold und Emma
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Signatur: | MH 76 |
Titel: | Adelwold und Emma |
Kopftitel: | Adelwold und Emma. Ballade von Bertrand |
Textincipit: | Hoch, und ehern schier von Dauer |
beteiligte Personen: | Bertrand, Friedrich Anton Franz (1757–1830) (Textautor) |
Datierung: | [f 1r] Den 5. Juny 1815; [f 16r am Ende] Den 14. Juny / 1815 |
Entstehungszeitraum: | 2. Quartal 1815 |
Neue Schubert-Ausgabe (Bd.-Nr.): | IV/8 |
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Ausgabeform: | Klavierpartitur |
Dokumententyp: | Arbeitsmanuskript |
Gattung: | Lieder --> Deutsche Lieder (ohne Liederzyklen und Kanons) |
Besetzung: | Solo vokal |
Singstimme Klavier (zweihändig) | |
Sprache des Liedtextes: | deutsch |
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Wasserzeichen: | 64 , 62 , 63 |
Beschreibmaterial: | Tinte braun |
Beschreibstoff: | Papier bräunlich |
Größe (in cm): | 30,5 x 23,5 (25,1 x 18,6) |
Format: | qu 4° |
Seiten: | 8 + 8 Dbll. + 1 aufgeklebtes Bl. (32 S.) |
Kommentar: | Zahlreiche Korrekturen, Durchstreichungen, nachträgliche Bleistiftkorrekturen sowie 1 Überklebung: 1 Bl. auf f. 13v. Stimmenbezeichnungen: "Singstim[m]e", "Pianoforte". |
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Text (Schubert): | Hoch, und ehern schier von Dauer,
Ragt ein Ritterschloß empor, Bären lagen an dem Thor, Beute schnaubend auf der Lauer, Thürme zingelten die Mauer Gleich den Riesen, - bange Schauer Wehten brausend, wie ein Meer, Von den Tannenwipfeln her. Aber finstrer Kummer nagte Muthverzehrend um und an, Hier am wackern deutschen Mann, Dem kein Feind zu trotzen wagte; Oft noch eh der Morgen tagte, Fuhr er auf vom Traum und fragte, Itzt mit Seufzer, itzt mit Schrey, Wo sein theurer Letzter sey? »Vater rufe nicht dem Lieben;« Flüstert' einstens Emma drein, »Sieh, er schläft im Kämmerlein Sanft und stolz, was kann ihn trüben?« Ich nicht rufen? - sind nicht die Sieben Meiner Söhn' im Kampf geblieben? Weint' ich nicht schon fünfzehn Jahr Um das Weib das euch gebahr? Emma hörts - und schmiegt mit Beben Weinend sich an seine Knie: [»]Vater sieh dein Kind - ach früh War dein Beyfall mein Bestreben!« Wie wenn Trosteswort zu geben Bothen Gottes niederschweben, Führt der Holden Red' und Blick Neue Kraft in ihm zurück. Heiter preßt er sie ans Herze: »O vergib, daß ich vergaß, Welchen Schatz ich noch besaß, Übermannt von meinem Schmerze. Aber sprachst du nicht im Scherze - Wohl dann! Bey dem Scheyn der Kerze Wandle mit mir einen Gang Stracks den düstern Weg entlang.« Zitternd folgte sie, bald gelangen Sie zur Halle, graus und tief, Wo die Schar der Väter schlief; – Rings im Kreis an Silberspangen Um ein achtes hergehangen, Leuchteten mit bleichem bangen Grabesschimmer fort und fort Sieben Lämplein diesen Ort; Unter'n Lämplein wars von Steinen... Traun! erzählen kann ichs nicht... Wars so traurig zugericht, Wars so ladend ach zum Weinen. »Bey den heiligen Gebeinen, Welchen diese Lampen scheinen«, Ruft er laut, »beschwör' ich dich, Traute Tochter höre mich! Mein Geschlecht seit grauen Zeiten War - wie Rittersmännern ziemt - Keck, gestreng, und fast berühmt; In des Grabes Dunkelheit Sank die Reih von Biederleuten, Sanken die, so mich erfreuten, Bis einst der Posaune Hall Sie wird wecken allzumahl. Nie vergaßen deine Brüder Dieser großen Ahnen Werth, Reich und Kaiser schüzt' ihr Schwert Wie ein deckendes Gefieder. Gieb sie, Tochter, gieb sie wieder Mir im wackern Bräutigam, Dir erkiest aus Heldenstamm! Aber Fluch!« Und mit dem Worte, Gleich als schreckt' ihn Nacht und Graus - Zog er plötzlich sie hinaus Aus dem schauervollen Orte; Emma wankte durch die Pforte: »Ende nicht die Schreckensworte! Denk' an Himmel und Gericht! O verwirf', verwirf mich nicht!« Bleich, wie sie, mit bangem Zagen, Lehnt des Ritters Knappe hier, Wie dem Sünder wirds ihm schier, Den die Schrecken Gottes schlagen, Kaum zu athmen thät er wagen, Kaum die Kerze vorzutragen, Hatte, matt und fieberhaft, Seine Rechte noch die Kraft. Adelwolden bracht' als Weise Mitleidsvoll auf seinem Roß Einst der Ritter nach dem Schloß Heim von einer fernen Reise, Pflegte sein mit Trank und Speise, Thät ihn hegen in dem Kreise Seiner Kinder, oft und viel War er tummelnd ihr Gespiel. Aber Emma ... seine ganze Zarte Seele webt um sie ... War es frühe Sympathie? Froh umwand sie seine Lanze Im Turnier mit einem Kranze, Schwebte leichter dann im Tanze Mit dem Ritter keck und treu, Als das Lüftchen schwebt im May. Rosig auf zum Jüngling blühte Bald der Niedre von Geschlecht; Edler lohnte nie ein Knecht Seines Pflegers Vatergüte; Aber heiß und heißer glühte, Was zu dämpfen er sich mühte, Fester knüpft' ihn, fester ach! An das Fräulein jeder Tag; Fest und fester sie an ihren Süßen trauten Adelwold. »Was sind Wappen, Land, und Gold, Sollt' ich Arme dich verlieren? Was die Flitter so mich zieren? Was Bankete bey Turnieren? Wappen, Land, Geschmuck und Gold Lohnt ein Traum von Adelwold!« So das Fräulein, wenn der Schleyer Grauer Nächte sie umfing. Doch mit eins - als Emma heute Spät noch betet, weint und wacht, Steht gehüllt in Pilgertracht Adelwold an ihrer Seite: "Zürne nicht, Gebenedeite! Denn mich treibt's, mich treibt's ins Weite, Fräulein, dich befehl' ich Gott, Dein im Leben und im Tod! Leiten soll mich dieser Stecken Hin in Zions heilges Land, Wo vielleicht ein Häuflein Sand Bald den Armen wird bedecken. Meine Seele muß erschrecken, Durch Verrath sich zu beflecken An dem Mann, der mild und groß, Her mich trug in seinen Schoß. Selig träumt' ich einst als Knabe ... Engel! ach, vergib es mir! Denn ein Bettler bin ich schier, Nur dies Herz ist meine Habe.« Jüngling, ach, an diesem Stabe Führst du treulos mich zum Grabe, Du würgest, Gott verzeih' es dir! Die dich liebte, für und für!« Und schon wankte der Entzückte, Als des Fräuleins keuscher Arm -, Ach, so weiß, so weich und warm, Sanft ihn hin zum Busen drückte! Aber fürchterlicher blickte -, Was ihm schier ihr Kuß entrückte, Und vom Herzen, das ihm schlug -, Riß i[h]n schnell des Vaters Fluch. »Lindre, Vater, meine Wunde! Keinen Laut aus deinem Munde! Keine Zähr' in dieser Stunde! Keine Sonne, die mir blickt! Keine Nacht, die mich erquickt!« Gold, Gestein und Seide nimmer, Schwört sie, fort zu legen an -, Keine Zofe darf ihr nahn, Und kein Knappe jetzt und nimmer; Oft bey trautem Mondesschimmer Wallt sie barfuß über Trümmer, Wild verwachsen, steil und rauh, Noch zur hochgelobten Frau. Ritter! ach schon weht vom Grabe Deiner Emma Todtenluft! Schon umschwärmt der Väter Gruft Ahnend Käuzlein, Eul' und Rabe - -. Weh dir! weh! an seinem Stabe Folgt sie willig ihm zum Grabe - Hin, wo mehr denn Helm und Schild, Liebe, Treu und Tugend gilt. ... Selbst dem Ritter thät sich senken Tief und tiefer jetzt das Haupt, Kaum daß er der Mähr noch glaubt: Seufzen thät er itzt, itzt denken, Was den Jüngling konnte kränken? Ob ein Spiel von Neid und Ränken? Ob?... Wie ein Gespenst der Nacht, Schreckt ihn, was er itzt gedacht. ... Hergeführt auf schwülen Winden, Muß ein Strahl die Burg entzünden: Tosend gleich den Wogen wallen Rings die Gluthen, - krachend dräuen Säul und Wölbung, Balk' und Stein, Stracks in Trümmer zu zerfallen; Angstruf und Verzweiflung schallen Grausend durch die weiten Hallen, - Stürmend drängt und athemlos Knecht und Junker aus dem Schloß. »Richter, ach, verschone!« Ruft der Greis mit starrem Blick, »Gott! mein Kind, es bleibt zurück! Rettet, daß euch Gott einst lohne! Gold und Silber, Land und Frohne, Jede Burg, die ich bewohne, Ihrem Retter zum Gewinn, Selbst dieß Leben geb ich hin für sie!« Gleiten ab von tauben Ohren Thät des Hochbedrängten Schrey. Aber plötzlich stürzt herbey, Der ihr Treue zugeschworen, Stürzt nach den entflammten Thoren, Gibt mit Freuden sich verloren Jeder staunend, fern und nah, Wähnt ein Blendwerk, was er sah, Gluth an Gluth, und jedes Streben Schien vergebens! endlich faßt Er die theure, süße Last, Kalt, und sonder Spur von Leben; Doch beginnt ein leises Beben Herz und Busen jetzt zu heben, - Und durch Flamme, Dampf und Graus Trägt er glücklich sie hinaus. Purpur kehrt auf ihre Wangen, Wo der Traute sie geküßt. »Jüngling, sage wer du bist, Ich beschwöre dich, der Bangen, Hält ein Engel mich umfangen, Der auf seinem Erdenflug Meines Lieben Bildniß trug?« Starr zusammenschrickt der Blöde, Denn der Ritter noch am Thor, Lauscht mit hingewandtem Ohr Jedem Laut der süßen Rede. Doch den Zweifler thät ermannen Bald des Ritters Gruß und Kuß, Dem im süßesten Genuß, Hell der Wonne Zähren rannen: »Du es, du? sag an von wannen? Was dich thät von mir verbannen? Was dich - nimmer lohn' ichs dir - Emma wiedergab und mir?« »Deines Fluchs mich zu entlasten, War es Pflicht, daß ich entwich, Eilig, wild und fürchterlich, Triebs mich sonder Ruh und Rasten; Dort im Kloster, wo sie praßten, Labten Thränen mich und Fasten, Bis der frommen Pilger Schar Voll zum Zug versammelt war; Doch mit unsichtbaren Ketten Zog mich plötzlich Gottes Hand Jetzt zurück von Land zu Land Her zu Burg, mein Theuerstes zu retten! Nimm sie Ritter, nimm und sprich Das Urtheil über mich." Emma harrt, in düstres Schweigen, Wie in Mitternacht gehüllt. Starrer denn ein Marmorbild Harren furchterfüllte Zeugen, Denn es zweifelten die Feigen, Ob den Ritterstolz zu beugen Je vermöcht ein hoher Muth Sonder Ahnenglanz und Gut. »Dein ist Emma! ewig dein! Längst entscheiden Thät der Himmel, rein wie Gold Bist du funden Adelwold, Groß in Edelmuth und Leiden, Nimm, ich gebe sie mit Freuden, Nimm, der Himmel thät entscheiden, Nannte selbst im Donnerlaut Sie vor Engeln deine Braut. Nimm sie hin mit Vatersegen! Ihn wird neben meine Schuld, Ach mit Langmuth und Geduld, Der einst kommt Gericht zu hegen, Auf die Prüfungswage legen, Mir verzeihn um euretwegen, Der von eitlem Stolz befleckt, Beyd' euch schier ins Grab gestreckt.« Fest umschlungen jetzt von ihnen, Blickt der Greis zum Himmel auf »Fröhlich endet sich mein Lauf!« Spuren der Verklärung schienen Aus des Hochentzückten Mienen, - Und auf dampfenden Ruinen Fügt' er schweigend ihre Hand In das langersehnte Band. |
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Sammlung: |
Wienbibliothek im Rathaus (Link zum Katalog) |
Vorbesitzer: | Schubert, Ferdinand Anton Diabelli & Co.: Verlagshaus Spina, Carl Anton Dumba, Nikolaus |
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