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D 208 Die Nonne

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zum Wasserzeichen


Signatur: MH 2065
Titel: Die Nonne
Zusatztitel: [2. Fassung]
Kopftitel: Die Nonne. Ballade von Hölty.
Textincipit: Es liebt in Welschland irgendwo ein schöner junger Ritter
beteiligte Personen: Hölty, Ludwig Christoph Heinrich (1748–1776) (Textautor)
Datierung: Den 16. Juny 1815
Entstehungszeitraum: 2. Quartal 1815
Neue Schubert-Ausgabe (Bd.-Nr.): IV/8


Ausgabeform: Klavierpartitur
Dokumententyp: Arbeitsmanuskript
Gattung: Lieder --> Deutsche Lieder (ohne Liederzyklen und Kanons)
Besetzung: Solo vokal
Singstimme
Klavier (zweihändig)
Sprache des Liedtextes: deutsch


Wasserzeichen: 63b
Beschreibmaterial: Tinte (schwarz-)braun
Beschreibstoff: Papier bräunlich
Größe (in cm): 30,9 x 23,3 (25,2 x 19,5)
Format: qu 4°
Seiten: 1 loses Bl. + 1 Dbl. (6 S.)
Kommentar: Als Reinschrift begonnen, aber mit zahlreichen Korrekturen. Stimmenbezeichungen: "Singst.", "Pianoforte". Auf Bl. 2v in der Mitte ist ein Abschnitt (T. 98–111) aufgeklebt.


Text (Schubert): Es liebt in Welschland irgendwo
Ein schöner junger Ritter
Ein Mädchen, das der Welt entfloh,
Trotz Klosterthor und Gitter;
Sprach viel von seiner Liebespein,
Und schwur auf seinen Knieen,
Sie aus dem Kerker zu befreyen,
Und stets für sie zu glühen,

Bey diesem Muttergottesbild,
Bey diesem Jesuskinde,
Das ihre Mutterarme füllt,
Schwör' ich's dir, o Belinde!
Dir ist mein ganzes Herz geweiht,
So lang' ich Odem habe;
Bey meiner Seelen Seligkeit,
Dich lieb' ich bis zum Grabe.

Was glaubt ein armes Mädchen nicht
Zumahl in einer Zelle?
Ach sie vergaß der Nonnenpflicht,
Des Himmels und der Hölle!
Die, von den Engel[n] angeschaut,
Sich ihrem Jesu weihte,
Die reine schöne Gottesbraut
Ward eines Frevlers Beute!

Drauf wurde, wie die Männer sind,
Sein Herz von Stund an lauer,
Er überließ das arme Kind
Auf ewig ihrer Trauer,
Vergaß der alten Zärtlichkeit
Und aller seiner Eide,
Und flog im bunten Galakleid
Nach neuer Augenweide.

Begann mit andern Weibern Reihn
Im kerzenhellen Saale,
Gab andern Weibern Schmeicheleyn
Beym lauten Traubenmahle
Und rühmte sich des Minneglücks
Bey seiner schönen Nonne,
Und jedes Kusses, jedes Blicks
Und jeder andern Wonne.

Die Nonne, voll von welscher Wuth,
Entglüht in ihrem Muthe,
Und sann auf nichts als Dolch und Blut
Und träumte nur von Blute,
Sie dingte plötzlich eine Schaar
Von wilden Meuchelmördern,
Denn Mann, der treulos worden war,
Ins Todtenreich zu fördern.

Die bohren manches Mörderschwert
In seine schwarze Seele,
Sein schwarzer, falscher Geist entfährt,
Wie Schwefeldampf der Höhle,
Er wimmert durch die Luft, wo sein
Ein Krallenteufel harret.
Drauf ward sein blutendes Gebein
In eine Gruft verscharret.

Die Nonne flog, wie Nacht begann,
Zur kleinen Dorfkapelle,
Und riß den wunden Rittersmann
Aus seiner Ruhestelle,
Riß ihm das Bubenherz heraus,
Und warfs, den Zorn zu büßen,
Daß dumpf erscholl das Gotteshaus,
Und trat es mit dem Füßen.

Ihr Geist soll, wie die Sagen gehn,
In dieser Kirche weilen,
Und bis im Dorf die Hähne krähn,
Bald wimmern und bald heulen.
So bald der Hammer zwölfe schlägt,
Rauscht sie an Grabsteinwänden
Aus einer Gruft empor und trägt
Ein blutend Herz in Händen.

Die tiefen hohlen Augen sprühn
Ein düsterrothes Feuer,
Und glühn wie Schwefelflammen glühn,
Durch ihren weißen Schleyer.
Sie gafft auf das zerrißne Herz
Mit wilder Rachgeberde,
Und hebt es dreymahl himmelwärts,
Und wirft es auf die Erde;

Und rollt die Augen voller Wuth,
Die eine Hölle blicken,
Und schüttelt aus dem Schleyer Blut
Und stampft das Herz in Stücken
Ein dunkler Todtenflimmer macht
Indeß die Fenster helle.
Der Wächter, der das Dorf bewacht,
Sahs oft in der Kapelle.


Sammlung: Wienbibliothek im Rathaus (Link zum Katalog)
Vorbesitzer: Schubert, Ferdinand
Anton Diabelli & Co.: Verlagshaus
Steger, Dr. H. (Wien)


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